Geschichte

GOSEN
SOLI   DEO   GLORIA
G o t t   a l l e i n   d i e   E h r e !

So beginnt die Urkunde, die in den Grundstein dieser Kirche am 7. August 1912 gelegt wurde. Dieser Tag war ein großes Ereignis im Leben der Gosener Gemeinde.   Was war dem Ereignis vorausgegangen ?

1752 mit der Gründung von Gosen durch Friedrich den II. wurde auch die Gemeinde Gosen gegründet. Als erstes stand das Krughaus, das spätere „Gasthaus zur  Friedenseiche“.

1755 drei Jahre später, gab es 50 Häuser in Gosen, jedes war für 2 Familien eingerichtet. Die Häuser waren alle übereinstimmend gebaut und von gleicher Grösse. Das Dorf war kreuzförmig angelegt worden.

1759 sind schon 32 Kolonistenfamilien in Gosen ansässig, das waren etwa 150 Einwohner. Nach der vollständigen Besetzung der 50 Häuser durch 100 Familien müssen es zwischen 400-500 Leute gewesen sein.  Die ersten Einwohner sind zunächst Bauhandwerker, nach Fertigstellung der Häuser zogen Spinner und Weber ein. Jede Familie erhielt ein halbes Haus, 1 Morgen Gartenland, 1 Morgen Wiese und freie Weide für eine Kuh. Dafür war jeder Kolonist verpflichtet, ein bestimmtes Quantum Wolle aus dem zur Verfügung gestellten Material zu spinnen.

Ab 1753 wirkte Carl Gottfried Agricola als erster Pastor für die Gemeinden Neu-Zittau, Gosen und Wernsdorf. Die Gottesdienste wurden in Ermangelung einer Kirche im Kruge  von Neu Zittau abgehalten.

1767 am 18. Oktober fand schließlich die Einweihung der Kirche von  Neu Zittau statt. Die Gosener mussten zur Teilnahme am Gottesdienst den Weg nach Neu Zittau machen. In dieser Zeit trug die Gemeinde Gosen noch ein anderes Gepräge als ihre Nachbargemeinden, weil unter den eingewanderten Kolonisten sich wegen ihres Glaubens vertriebene Reformierte befanden. Die Mehrzahl der Gemeinde bestand aus Lutherischen. Den reformierten wurde ein ganzes Kolonistenhaus als Bethaus zur Verfügung gestellt.

1768 wurde die reformierte Gemeinde in Gosen behördlich anerkannter Filial der Schlosskirche zu Köpenick. Der Schlossprediger predigte von Zeit zu Zeit im Bethause und hielt Abendmahl, während sonst der reformierte „Schulhalter“ Lesegottesdienste hielt. Neben dem Bethaus bestand auch ein reformiertes Schulhaus.
    
1798 wird für die lutherische Gemeinde ein neues Schulhaus gebaut. Später benutzen es Reformierte und Lutherisch gemeinsam und Ende des 19. Jhd.s gab es in Gosen nur noch eine kirchliche Gemeinde. Im Laufe des 19. Jahrhunderts hören Spinnerei und Weberei als Erwerbszweige auf zu Gunsten der Schifffahrt. Es gab in Gosen bis zu 30 Schiffseigner. Später wurde der Beruf des Schiffers nur noch vereinzelt ausgeübt. Statt dessen bot die Industrie im nahe gelegenen  Berlin, die Kalksandsteinfabrik am Seddinsee (deren Fundamente heute noch erkennbar sind), Heuhandel, Rohrweberei und Landwirtschaft den Menschen Arbeit.

Doch nun wieder ins Jahr 1912 zur Grundsteinlegung. Nach knapp zweijähriger Bauzeit wurde am 26. April 1914 die Gosener Kirche mit einem Festgottesdienst eingeweiht, in dem gleichzeitig der neue Pfarrer für Neu Zittau, Gosen und Wernsdorf, Gerhard Haeuseler, eingeführt wurde.  Er war in unserer Gemeinde 43 Jahre tätig und hat sich in vielfacher Weise um sie verdient gemacht. Nicht zuletzt dadurch, dass er uns viele Aufzeich-nungen über die Geschichte unserer Gemeinden und vor allem ihr geistliches Leben hinterlassen hat. Er gab von 1921-1932 das „Monatsblatt für den Kirchenkreis Storkow“ und danach das Gemeindeblatt „Die Glocke“ von 1932-1941 heraus. Beide wurden in unserer Gemeinde viel gelesen. Er beschreibt darin auch kurz, wie es zum Bau der Gosener Kirche kam:„Ein Versuch zu erreichen, dass die Kirche zwischen beide Dörfer gebaut wurde, scheiterte.  … Trotz des weiten Weges waren die Gosener in den 150 Jahren und bis zuletzt die besten Kirchgänger. Aber der Gedanke eine eigene Kirche im Dorf zu haben, ist in Gosen nie zur Ruhe gekommen, doch bei der Armut der Gemeinde war der Weg zur Tat  weit. Erst die tatkräftige Hilfe der Regierung und der Landeskirche, die 15 000 Mark bereitstellten, ermöglich-ten es der Gemeinde, mit einer eigenen Belastung von 20.000 Mark ans werk zu gehen.“ (Die Glocke. – 12(1934) Juni/Juli)

Wie Geld für den Bau der Kirche gesammelt wurde gehet aus Spendenlisten hervor, in denen die Spender mit dem gespendeten Betrag namentlich aufgeführt sind. Aber es wurden auch andere Gelegenheiten dafür genutzt, wie z.B. der Lehrer Wilhelm Lochefeld in der Dorfchronik schreibt:“ Am 23.12.1910 fand im Saale des F. Müller eine Schulweihnachtsfeier  statt, deren Ertrag ca. 50,- Mark zum Besten des hiesigen Kirchbaus  verwendet wurde. Es wurde ein Eintrittsgeld von 0,20 M erhoben.“ Auch Einzelne haben sich für den Kirchbau besonders engagiert. Ein Gemeindemitglied verkaufte eine Wiese für 1080,00 Mark und spendete diese Summe dem Kirchenbaufonds.

Über die Einweihung der Gosener Kirche berichtet uns Lehrer Lochefeld folgendes in der Dorfchronik: „Gegen 4 Uhr nachmittags versammelte sich vor dem Schulhaus die Festgemeinde, darunter der Krieger-, der Schiffer- und der Frauenverein, und bewegte sich in einem langen bunten Festzuge dem neuen Gotteshause zu. Die Schulkinder marschierten an der Spitze des Zuges und sangen „Jesu, geh voran …“. Nach einer kurzen Ansprache überreichte Herr Baurat Scherler –Beeskow dem Vertreter der Kirchenbehörde den Kirchenschlüssel, und unser neuer Ortsgeistlicher, Herr Pastor Haeuseler – Neu Zittau öffnete die Tür. … Dann vollzog der Herr Generalsuperintendent der Kurmark D. Koehler die Weihe des Gotteshauses und flocht in seine schlichte, aber doch überzeugungskräftige Weihrede die Bitte ein, dass die Kirche doch auch in Zukunft so stark besucht sein möchte, wie an diesem Tage.“ Danach hielt Pastor Haeuseler eine Festpredigt über die Worte aus dem Matthäusevangelium: „Gehe hin und arbeite Du in meinem Weinberg“.  Unter dem Geläut der Glocken verließ die Gemeinde das bis auf den letzten Platz gefüllte Gotteshaus. Nach dem offiziellen Weiheakt vereinigte eine Kaffeetafel die Festteilnehmer im „Restaurant zur Friedenseiche“.

Wie Sie vielleicht bemerkt haben, ist unser heutiger Jubiläumstag ähnlich gestaltet und auch mit unseren heutigen Texten und Liedern wollen wir den Faden weiterspinnen zu dem geistlichen Band, das die Generationen vor uns hier in Gosen begonnen haben. „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen“  - so steht es über dem Eingang unserer Kirche. Diese Worte haben unsere Gemeinde durch die kommenden schwierigen Jahre des I. Weltkrieges und die große wirtschaftliche Not in den 20 er Jahren getragen. Das kann man daran erkennen, dass 1918 durchschnittlich 150 Personen an gewöhnlichen Sonntagen die Kirche besuchen. Das gilt auch für die folgenden Jahre.

1920 trägt sich etwas Kurioses zu, wie die Dorfchronik zu berichten weiß, es gab „Diebe in der Kirche“. „Am 25. Februar, gelegentlich des Abendpassionsgottesdienstes wurde die traurige Entdeckung gemacht, dass der große wertvolle Altarteppich in unserer neuen Kirche von ruchloser Hand gestohlen worden war. Der Teppich war ein Geschenk des hiesigen Frauenvereins. Da seit dem letzten Vorhergegangenen Gottesdienste bis zum Tage der Entdeckung 10 Tage vergangen waren und somit der Tag des Diebstahls nicht genau festgestellt werden konnte, blieben die sofort angestellten polizeilichen Nachforschungen ergebnislos.“

Das große wirtschaftliche Elend in der Bevölkerung, das durch die Inflation hervorgerufen wurde, führt dazu, dass sich die Gemeinden Neu Zittau, Erkner, Woltersdorf und Wilhelmshagen 1923 zu einer „Hülfsgemeinschaft in Sterbefällen“ zusammenschließen. „Gegen feste Beträge wird in Sterbefällen eine Beihilfe gezahlt, die zwar die Kosten nicht deckt, aber doch eine Erleichterung darstellt“ schreibt Pfarrer Haeuseler in der Chronik.

1927 Einen besonderen Höhepunkt stellte das<Fest zum 175 jährigen Bestehen Gosens am 4.9.1927 dar. Dazu gab es eine Festschrift über Gosens Werden und Wachsen, die auch in unserer kleinen Ausstellung zu sehen ist. In der Festpredigt zu diesem Tag sagt Haeuseler: „… wir wollen unsere Kirche nicht betrachten wie einen Haufen Steine, sondern als eine lebendige Quelle, die uns in Lust und Last und Leid erquickt und stärkt, als ein Vaterhaus, da wir alle Kinder sind durch eine Taufe…“ Das predigt er einem Dorf, von dessen fest er sagt: „Es ist heute in unserer aufgeregten und zerrissenen Zeit eine Seltenheit selbst in kleinen Gemeinwesen, wenn Eintracht herrscht. Hier war sie vorhanden. Das Gosener Fest war nicht das Fest irgendeiner besonderen Gruppe, sondern wirklich das Fest der Gesamtgemeinde, das alle verband Und alle Gegensätze schweigen ließ.“ (Monatsbl.67(1927))

1931 wird in Gosen die Frauenhilfe gegründet. Sie versammelt sich jeden 3. Dienstag bei Knoblich (Gasthaus). Sie kümmert sich besonders um Familien, die in Not geraten sind und stiftete z.B. der Kirche 2 Liedertafeln und 4 Bänke für die Friedhofskapelle. Sie war ein organisierter Dienst für Frauen an Gemeinde und Kirche. Vielleicht sollte hier erwähnt werden, dass es in Gosen schon sehr lange einen Frauenverein gab, der der Kirche z.B. die beiden Teppiche, Kniekissen und eine Taufsteindecke gestiftet hatte. 

1933 Erst mit dem Beginn der Nationalsozialistischen Machtausübung traten im Gemeindeleben empfindliche Störungen auf. Zum Einfluss der Nationalsozialisten auf die Vertretungen der Kirchgemeinden äußert Pfarrer Haeuseler später folgendes: „ In Neu Zittau konnte ihr Einfluss abgewendet werden, während sie in Wernsdorf und Gosen zunächst Einfluß hatten, aber die Entwicklung verlief doch so, dass sich im Jahre 1935 alle 3 Kirchenvertretungen einstimmig der „Bekennenden Kirche“ anschlossen, ebenso wie es die 3 Frauenhilfen schon vorher getan hatten.“ Unsere Gemeinden waren die einzigen im ganzen Kirchenkreis, die der „Bekennenden Kirche“ angehörten und so war es auch für den Pfarrer eine ganz besonders schwere zeit, ohne das Verständnis seiner Amtskollegen im Konvent auskommen zu müssen.

1939 Mit dem 25 jährigen Bestehen der Gosener Kirche am 26. April 1939 feierten zugleich 3 Leute ihr 25 jähriges Dienstjubiläum, die sicher ganz großen Anteil an dem gedeihen unserer Kirchgemeinde hatten. Es waren Pfarrer Haeuseler, der Kirchendiener Wilhelm Neusche und der Hauptlehrer Wilhelm Lochefeld, der mit deinem Lehramt auch das des Organisten ausübte.

Wie der II. Weltkrieg in Gosen endete berichtet folgende Eintragung in der Dorfchronik: „Die einzige weiße Fahne am Kirchturm, die beim plötzlichen Erscheinen der SS (25  Mann) und der gleich darauf beginnenden Straßenkämpfe nicht mehr heruntergeholt werden konnte, schützt das Dorf vor einem schon befohlenen Fliegerangriff, der den Ort sturmreif machen sollte, was wir erst später nach der Besetzung erfahren haben.“

1957 Im Jahre 1957 beendet Pfarrer Haeuseler seine Tätigkeit in der Gemeinde und im Juni 
1958 wird Pastor Krüger in sein Amt eingeführt.
1959 wird unser Gemeinderaum (im Vorraum der Kirche) eingerichtet.

Nach zwölfjähriger fruchtbringender Arbeit schreibt Pastor Krüger in die Chronik: „Eines haben mir selbst die Jahre hier gezeigt: Wir können nur im  Dialog leben, wir sind auf das fortwährende Gespräch miteinander angewiesen. Dass die Gemeinde ein „Hort des Gespräches“ bleiben möge ist mein eigentlicher Wunsch. Offenheit, unverkrampftes Verhalten Allen gegenüber.“ Seine Abschlusspredigt hält er über das Wort aus dem 71. Psalm: „Mein Mund soll verkündigen Deine Gerechtigkeit, täglich deine Wohltaten, die ich nicht zählen kann.“ In diesem Sinne war auch Pastorin Eichhorst in unsrer gemeinde tätig und ist es auch heute Pastor Richter. Und für uns alle wird Hoffentlich auch in Zukunft das Wort über dem Eingang unsrer Kirche lebendig bleiben:
„Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“

Es wurden folgende Quellen verwendet:
1.Chronik der Pfarrer zu Neu Zittau
2.Chronik der Schule zu Gosen
3.Monatsblatt für den Kirchenkreis Storkow Juli 1921 – Mai/Juni 1932
4.Monatsblatt „Die Glocke“ Juli 1932 – Mai 1941
                             
Geschrieben und vorgetragen zum 75 jährigen Bestehen der Kirche von Gosen im Juni 1989 von Priska-Maria von Klitzing